Feministisches Manifest

Lisa stellt Feministisches Manifest zur Diskussion

 

Eine Programmdebatte in der Linken steht nicht an, alles ist orientiert auf die nächsten Wahlkämpfe, das fordert Parolen nicht Prosa. Die BAG LISA aber bringt ein „Feministisches Manifest“ auf den Markt, masslos überheblich an das grosse Gründungsdokument der sozialistischen Bewegung erinnernd. Aber da auch die Fraktion der LINKEN ein „Manifest für gute Arbeit“ heraus gebracht hat, irgendwo zwischen beiden mag das Feministische Manifest angesiedelt sein.

 

Das Feministische Manifest erblickt in einer widersprüchlichen Situation das Licht der Welt. Überall wird von Gleichberechtigung, von Chancengleichheit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der Beseitigung der Lohnunterschiede von Männern und Frauen geredet. Von der Europäischen Union bis zu den Kommunen arbeiten alle daran. Und kommen nicht voran. Die Europäische Kommission stellt ernüchtert fest, dass das hochgelobte Konzept des Gender Mainstreaming dabei ist zu scheitern. Fassungslos registrieren alle, dass die Verhältnisse sich der Veränderung widersetzen. Die Lektion, die die Realität ihnen und uns gibt, heisst: die Geschlechterverhältnisse sind kein begrenzter, isolierbarer Teil der menschlichen, gesellschaftlichen Realität, keine Nische. Sie sind eingeschrieben in alle Bereiche des Lebens, in die Art und Weise wie wir produzieren, unsere Waren und Dienstleistungen herstellen, aber auch das menschliche Leben, uns selbst und unsere Kinder und wie wir Gesellschaft herstellen. Sie sind nicht umwälzbar, ohne die ganze Gesellschaft umzuwälzen. Wer also gerechtere Verhältnisse der Geschlechter will, wird scheitern, wenn er, wie die EU und die grosse Koalition, die Ungerechtigkeit ansonsten verschärft. Und umgekehrt: wer gerechtere Verhältnisse will, wird sie nicht erreichen, wenn er die Geschlechterfrage missachtet. Letzeres betrifft die LINKE und ihre Politik. Während nämlich der Feminismus längst in der CDU angekommen ist, ist er in der LINKEN auf dem Rückzug, wird belächelt als unzeitgemäß und überholt. Junge Frauen, so hören wir, haben mit dem Feminismus nichts am Hut, sie wollen sich nicht als „Opfer“ sehen, wie die Altfeministinnen - das Wort ist ein Schimpfwort geworden. Und der Antifeminismus ist auf dem Vormarsch: das Familienkonzept von Christa Müller ist da nur die Spitze des Eisbergs.

 

In dieser Situation stellt LISA das Manifest zur Diskussion, will sagen: wir empfinden es nicht als „fertig“, in einigen Fragen gibt es auch innerhalb Lisa unterschiedliche Positionen. Doch weil wir die Lektion verstanden haben, beschränken wir uns nicht auf die Themen der Frauenecke. Wir greifen im Feministischen Manifest das Große Ganze an, den heutigen Kapitalismus aus der Perspektive von Frauen. Im globalisierten Kapitalismus schickt sich das Patriarchat an, die Herrschaft über Natur und Menschen zu vervollständigen, indem es alle Lebensäußerungen dem Markt unterwirft. Sein Element ist grenzenloser Profit in einer Kultur der Gewalt und des Krieges, von Machbarkeitswahn und Technikvernarrtheit.

LISA will mit dem Feministischen Manifest einen Prozess anstoßen, Gesellschaft sozialistisch-feministisch zu kritisieren und zu verändern; zunächst als Selbstverständigung sozialistischer Feministinnen, unabhängig davon, ob sie in einer Partei organisiert sind oder nicht. Der Entwurf wendet sich zugleich an alle, die skeptisch oder kritisch sind sowohl gegenüber feministischer Theorie und Praxis, als auch gegenüber dem Anspruch, dass die LINKE nur links ist, wenn sie feministisch ist.

 

Christel Buchinger

 

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Thesen zum Feministischen Manifest von Sandra Beyer